Ingrid Katz-Hofelich
Kategorie: Privatwirtschaft
Coaching, Beratung, Moderation

Ingrid Katz-Hofelich

Ingrid Katz-Hofelich ist seit über 10 Jahren in den Bereichen, Coaching, Beratung und Moderation selbstständig. Sie leitet das Unternehmen konturis in der Nähe von Stuttgart. Außerdem ist sie eine der beiden Herausgeberinnen des Buches "Soziologie als Beruf?".

Aus welchen Gründen haben Sie sich zu einem Soziologie-Studium entschlossen?

Mich beschäftigten schon früh Fragen wie, wie funktioniert Gesellschaft, welches sind die Faktoren, die sie in ihrem Inneren zusammenhält? Welche Gesellschaft braucht eine Demokratie, um funktionieren zu können? Wie ist die Wechselwirkung zwischen Gesellschaft und Demokratie? Welche Relevanz hat welches System wozu und wie hängen sie zusammen?

Außerdem interessierte ich mich auch schon früh dafür, weshalb es Organisationen gibt und welches ihre Funktionsweisen sind.
Das Soziologiestudium schien mir am besten geeignet, auf all diese Fragen Antworten zu bekommen. Mit der zunehmenden Beschäftigung habe ich darüber hinaus festgestellt, dass Soziologie noch viel mehr kann. Beispielsweise liefert sie sehr umfassende Expertise zur Analyse von Organisationsgeschehen, zum Zustandekommen von Entscheidungsprozessen, in Fragen der Technikfolgenabschätzung, in der Implementierung von Innovationen und auch in der Weiterentwicklung sozialer Innovationen.

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Wie verlief Ihr Soziologie-Studium?

Studiert habe ich an den Universitäten Stuttgart und Basel (CH). Neben Soziologie habe ich Geschichte und Politikwissenschaften studiert. In Basel hatte ich zudem einen Schwerpunkt auf Entwicklungsgeographie. Meinen Magistraabschluss habe ich in den Fächern Geschichte und Soziologie absolviert.

Wichtige Praxiserfahrungen waren für mich ein soziologisches Projektseminar im Bereich des Umweltverhaltens von Unternehmen und die Leitung einer Geschichtswerkstatt zum Nachkriegsalltag, die eine Ausstellung und einen Tagungsband konzipiert hat. Zudem noch weitere Projektseminare an der Universität, die alle einen Praxisbezug hatten.

Was mir zudem noch vielfältige Möglichkeiten bot, ist mein Stipendium der Hans-Böckler-Stiftung, das ich während des Studiums erhielt. Hierbei hatte ich die Möglichkeit an der Gründung der ‘innovativen  PädAGogik AG’ mitzuwirken und unterschiedliche Beratungsansätze zu diskutieren und auszuprobieren. Zudem boten Seminare zu unterschiedlichsten Themen, die deutschlandweit, aber auch in Russland und Großbritannien stattfanden, vielfältige Einblicke und erweiterten meinen Kenntnisstand zu grundlegenden gesellschaftlichen und organisationalen Zusammenhängen.

Wie ging es nach dem Studium weiter?

Nach dem Studium arbeitete ich an der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg, der Universität Stuttgart, der Innovation und Bildung Hohenheim GmbH sowie der Hochschule Darmstadt. Hier konnte ich in unterschiedlichen Projekten Berufserfahrung - auch mit Personalverantwortung sammeln. Auch in die Lehrtätigkeit an den Hochschulen war ich eingebunden.

Berufsbegleitend habe ich dann noch eine systemische Beratungsausbildung in Berlin durchlaufen, die eine weitere wichtige Grundlage für mein jetziges Tun bildet.
Seit über 10 Jahren bin ich nun im Haupterwerb mit den Bereichen, Coaching, Beratung, Moderation selbstständig. Ich firmiere unter konturis und der Sitz ist in Salach, im industriell geprägten Filstal, das der Region Stuttgart zugehörig ist.

Sie haben sich als Beraterin selbständig gemacht. War dies ein großer Schritt für Sie?

Bereits während des Studiums war ich in Projekten der Erwachsenenbildung tätig. Durch mein Stipendium bei der Hans-Böckler-Stiftung konnte ich die Kenntnisse in der Erwachsenenbildung kontinuierlich ausweiten und vertiefen. Nach dem Studium war ich bei allen angestellten Tätigkeiten immer im Nebenerwerb selbstständig. Zudem absolvierte ich berufsbegleitend bereits die systemische Beratungsausbildung. Insofern war der Schritt in die hauptberufliche Selbstständigkeit nicht mehr allzu groß.

Die Selbstständigkeit schenkt mir große Freiheitsgrade, die ich nicht mehr missen möchte. Insofern habe ich den Schritt in die Selbstständigkeit nie bereut. Sie schenkte mir zudem die Möglichkeit, meine Zeit flexibel einzuteilen und dadurch viel Zeit mit meinen Töchtern auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden verbringen zu können. Das war sehr wertvoll.

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Wie hilft Ihnen das Soziologie-Studium bei Ihrer Tätigkeit als Beraterin? 

Das Soziologie-Studium ist eine enorm gute Basis für meine Tätigkeit und ich habe diese im Laufe der Jahre mehr und mehr zu schätzen gelernt. Direkt nach dem Studium war mir nicht bewusst wie wertvoll dieses Studium war. Ich hatte das Glück, Lehrkräfte genießen zu können, die es genau wissen wollten, mit Oberflächlichkeiten kam man da nicht durch. Und so war man gezwungen, die Materie, über die man sprach, genau durchdringen zu müssen. Das hilft mir bis heute.

Die Verbindung beider Disziplinen, der Soziologie und der Geschichte ist wertvoll: im Geschichtsstudium wurde ich intensiv in Kontextanalyse geschult und die Soziologie befähigt mich auf die Meta-Ebene zu wechseln und das Zusammenwirken unterschiedlicher Systeme analysieren zu können. Das ist von unschätzbarem Wert für meine Arbeit in allen drei Bereichen: Coaching, Beratung und Moderation. 

Da meine Tätigkeit keine geschützte Tätigkeit ist, könnte MAN diese Arbeit auch ohne das Wissen der Organisationssoziologie ausüben. Doch ich könnte und wollte es nicht. Denn so Mancher unterliegt den vielen Managementmoden und Trends, um nach wenigen Monaten festzustellen, dass unnötig, bewährte Strukturen in Gänze verändert wurden.

Die Organisationssoziologie befähigt klare Analysen zu erstellen und einen vielseitigen Blick auf Organisationsgeschehen richten zu können - ohne eben schnelllebigen Trends aufzuliegen und mehr zu schaden als zu nützen. Die intensive Auseinandersetzung, sei es mit Max Webers Analyse der Bürokratie, dem Taylorismus, der Human-Relations-Bewegung, der Verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie von Simon und March und selbstverständlich auch der Systemtheorie in all ihren Facetten, um nur ein paar zu nennen, ist ein starkes Fundament. Und selbstverständlich auch die Methodenkenntnisse aus der empirischen Sozialforschung.

All das zusammengenommen lässt Soziolog*innen mehr als gute Berater*innen sein.

Wie sieht Ihr typischer Tag aus?

Es gibt wenig typische Tage. In erster Linie ist meine Tagesgestaltung davon abhängig, ob ich Termine mit Kundinnen und Kunden habe oder auch Netzwerktreffen, fachlichen Austausch und Fortbildungen.
Doch versuche ich jeden Tag damit zu beginnen und zu beenden, auf meine Planungen zu schauen und diese zu aktualisieren. Und nach wie vor ist die Lektüre von Fachliteratur ein wichtiger Bestandteil meines Tuns.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job? 

Mich immer und immer wieder selbst zu motivieren und mich neu zu erfinden. Und laufend neue Themen und Beiträge auf ihre Ernsthaftigkeit und Substanz zu prüfen und erkennen, ob es eine wichtige Weiterentwicklung bestehender Ansätze ist oder eben nur ein schnelllebiger Trend.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit besonders gut?

Meine Freiheit. 

Und es ist eine erfüllende Tätigkeit, Organisationen und Menschen in ihren Weiterentwicklungen zu begleiten.

Was empfehlen Sie Studierenden, die sich für eine Stelle als Beraterin interessieren?

Zum einen halte ich es für empfehlenswert, sich mit bestimmten Themen, Ansätzen und Theorien der Organisationssoziologie sehr tiefgehend auseinanderzusetzen, um eine solide fachliche Basis zu erhalten. Zum anderen ist es wichtig, in unterschiedlichen Bereichen - ganz gleich welchen - praktische Erfahrungen zu sammeln, um den eigenen Lebens- und Erfahrungshorizont zu erweitern.

Bei Beratungsausbildungen und Praktika in Beratungsfirmen lohnt es sich, vorher genau hinzuschauen bei wem sie sich weiterbilden und bei wem sie sich anstellen lassen wollen. 

Passt das Unternehmen zu der Fundiertheit der Soziologie? Passt es zu den damit verbundenen Werten? Passt es zu meinen Werten und auch zu meiner persönlichen Ethik? - diese Fragen würde ich mir stellen.

 

Profilbild: Eike Thomsen

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Veröffentlicht am: 14. März 2021