Tim Albrecht
Kategorie: Statistik, Markt- & Meinungsforschung
Werkstudent in der Marketingabteilung

Tim Albrecht

Ich studiere im zweiten Mastersemeser Soziologie an der Uni Hannover und arbeite parallel seit knapp drei Jahren im Marketing. Bei dem Brandschutzexperten WAGNER kümmere ich mich seit einem knappen Jahr um die Organisation und Durchführung von Messeauftritten sowie deren Evaluation.

Wann und weshalb haben Sie sich für ein Soziologie-Studium entschlossen?

Nachdem ich 2010 und 2011 meinen Zivildienst in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung geleistet habe, habe ich mir überlegt, was ich denn studieren könnte. Da ich als Kind aus einer Arbeiterfamilie nicht wirklich wusste, was studieren eigentlich bedeutet, habe ich mich mal im Freundeskreis umgehört sowie die Studienberatung der Agentur für Arbeit aufgesucht. Da ich von vornherein wusste, dass ich nichts Technisches studieren möchte, bekam ich zwei Vorschläge: Jura oder BWL bzw. Wirtschaftswissenschaften. Ich hab mich dann aufgrund meiner recht guten Mathenoten für Wirtschaftswissenschaften an der Uni Hannover entschieden, habe aber nach dem ersten Semester gemerkt, dass das Ganze nichts für mich ist. 

Dass ich dann tatsächlich die Soziologie bzw. die Sozialwissenschaften für mich entdeckt habe, ist eigentlich dem Zufall zu verdanken. So bin ich zur Studienberatung der Universität Hannover gegangen und habe dann auf deren Empfehlung zum Wintersemester 2012/2013 den Bachelorstudiengang Sozialwissenschaften begonnen und mich relativ schnell für die soziologische Seite der Sozialwissenschaften begeistern können - besonders Bourdieu mit seinem Modell des Habitus hat es mir angetan.  

Nebenbei habe ich auch das Nebenfach BWL belegt, allerdings nicht wirklich aus Interesse. Diese Entscheidung ist dann tatsächlich mit Fokus auf den Arbeitsmarkt gefallen.

Meine Bachelorarbeit habe ich zum Thema “Scheitern in Berufsbiographien” geschrieben und bin seit dem Wintersemester 2016/2017 im ersten Jahrgang des Masterstudiengangs Soziologie an der Universität Hannover eingeschrieben. Dass die Soziologie das Richtige für mich ist, wurde hier wieder bestätigt. Vor allem die Arbeiten zum Thema Emergenz im soziologischen Kontext konnten mich begeistern. So gehe ich eigentlich fast immer motiviert zur Uni und freue mich auf meinen Masterabschluss.

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Wie sind Sie in den Bereich Marketing eingestiegen?

Im Studium direkt habe ich mich nicht wirklich bewusst mit Marketing auseinandergesetzt. Zwar habe ich im Schwerpunkt Organisationssoziologie und BWL belegt, wusste aber nicht so richtig, wo genau mich das mal hinführen würde. Nach diversen Absagen für Praktika im Personalwesen (ich glaube fast alle Studierenden der Soziologie, denken mal darüber nach in diesen Bereich zu gehen), hat mich meine Geldknappheit zu einem Ferienjob getrieben, bei dem ich verschmutze Metallteile säubern musste.

Mein damaliger Chef hat ein neues Projekt geplant - die Gründung eines neuen Unternehmens - und hat mich nach Ablauf der Semesterferien gefragt, ob ich mir das vorstellen und zutrauen würde. Ohne groß zu überlegen habe ich einfach Ja, natürlich kann ich das gesagt und habe das Ganze erstmal auf mich zukommen lassen.

Der Beginn des Projekts war relativ schwierig. Wir mussten uns zunächst einmal ein Konzept überlegen, einen Namen für das Projekt ausdenken und wie wir dieses Projekt der potentiellen Kundschaft verkaufen wollen. Danach hat meine eigentliche Marketingarbeit angefangen. Wir haben in Zusammenarbeit mit Grafiker*innen ein Logo entworfen und Broschüren ausgearbeitet. Meine Aufgabe war hier vor allem das Verfassen und Übersetzen von Werbetexten, die dann in den Druck bzw. auch online gegangen sind (www.tubesalive.com). 

Mein persönliches Highlight war die Übernahme eines eigenen Messeprojekts. In eigener Verantwortung habe ich einen Messestand auf der Tube 2016 in Düsseldorf organisiert und bin dort auch in leitender Funktion die ganze Woche lang vor Ort gewesen. Natürlich hatte ich Bammel, aber nach ein paar Startschwierigkeiten lief die ganze Sache dann rund und wir haben das Projekt zum Erfolg geführt. Heute ist das Unternehmen in der Markteinführung und die Dienstleistungen etablieren sich langsam.

Im Juli 2016 habe ich mich bewusst im Messemarketing beworben, um tiefere Einblicke ins Messegeschehen erhaschen zu können. Seit fast einem Jahr bin ich nun bei der WAGNER Group als Werkstudent in der Marketingabteilung tätig und konnte auf einige Messen fahren, diese mitorganisieren und am Ende auch evaluieren. Abgerundet wird meine Marketingarbeit durch die Beteiligung am Pressegeschehen, beispielsweise durch das Erstellen des Pressespiegels oder dem Verfassen und Korrigieren von Pressemitteilungen.

Man kann also ganz klar sagen, dass ich genauso zufällig im Marketing gelandet bin, wie ich angefangen habe Soziologie zu studieren. 

Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?

Mein typischer Arbeitstag beginnt gegen 08:30 Uhr im Büro. Erstmal trinke ich eine Tasse Tee, während ich meine Mails checke und eine To-Do-Liste für den Tag erstelle. Anschließend setze ich mich immer kurz mit dem restlichen Messeteam zusammen (wir sind zu dritt) und bespreche mit meinen Kolleg*innen, ob etwas besonderes ansteht oder ob das Tagesgeschäft vorrangig behandelt werden kann.

Meine Aufgaben sind recht vielfältig. Häufig bin ich im Messelager tätig und kümmere mich darum, dass die richtigen Exponate bereitgestellt werden und alles zum Transport vorbereitet wird. Man kann sich das so vorstellen, dass nicht nur große Messen besucht werden, sondern auch viele eintägige Veranstaltungen wie beispielsweise Fachtagungen. Darüber hinaus habe ich direkt mit den Messebetreibern zu tun. Man muss Wasser, Abwasser und Strom bestellen, die richtige Standfläche mieten und klären, zu welchen Terminen was stattfindet. Das sind zum Beispiel Aufbau, Abbau und die Messezeit. 

Eine weitere Aufgabe ist es auch neue Veranstaltungen zu finden, die für die WAGNER Group von Interesse sein können. Man vergleicht neue Veranstaltungen mit etablierten und überlegt, mit welchem Konzept man dort auftreten kann. Dies geschieht auch im Messeteam, wo wir dann das Für und Wider diskutieren oder uns Gedanken darüber machen, wie wir unser Konzept am besten umsetzen.

An meiner Arbeit besonders gut gefällt mir, dass ich sehr kreativ sein kann im Hinblick auf das Schreiben von Texten und dem Entwerfen von Standkonzepten. Eine Schwierigkeit ist es, dass man die Ergebnisse einer Messe oder eines Marketingkonzeptes nicht sofort sieht und es auch nicht wirklich messbar ist. Das kann manchmal wirklich frustrieren und erfordert einiges an Durchhaltevermögen.

Wie viel Verantwortung übernehmen Sie in Ihrem Job?

In meinem ersten Job hatte ich sehr viel Verantwortung, was daran lag, dass wir einfach ein sehr kleines Büroteam waren, nämlich fünf Leute. Das Marketinggeschäft wurde dann hauptsächlich auf mich übertragen. Ich wusste zwar nicht genau, wie das funktioniert, aber wir hatten tatkräftige Unterstützung von einem Profi, der schon 40 Jahre in der Branche tätig war. So konnte ich schnell einen sicheren Einstieg finden.

Bei der WAGNER Group habe ich nicht mehr so viel Verantwortung, was aber auch einfach daran liegt, dass ich nur halbtags arbeite und das Unternehmen deutlich größer ist. Außerdem ist das Marketingteam größer, was meinen Einsatzbereich auch verkleinert hat. Aber alles in allem würde ich schon sagen, dass ich bei beiden Jobs keine geringe Verantwortung tragen muss bzw. musste.

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Wie lässt sich die Arbeit als Werkstudent mit dem Studium vereinbaren?

Ich arbeite im Schnitt 20 Stunden pro Woche. Das lässt sich sehr gut mit dem Studium vereinen, da die Kurswahlmöglichkeiten recht umfangreich bei uns sind. So konnte ich es mir eigentlich immer einrichten, dass ich Montags bis Mittwochs gearbeitet habe. Die restliche Woche habe ich dann der Uni gewidmet. Das funktioniert besonders im Master sehr gut.

Wie läuft ein typisches Projekt im Messemarketing ab?

Da fällt mir als Beispiel das Messeprojekt Tube 2016 ein. Nachdem wir uns für diesen Messeauftritt entschlossen hatten, mussten wir zunächst die Standfläche buchen. Danach hatten wir noch ein gutes halbes Jahr Zeit, bis zum Beginn der Messe. Man bekommt von der Messe Düsseldorf eine Checkliste, in der die ganzen Deadlines für alle relevanten Dinge vermerkt sind: Bestellung von Strom und Internet, Bestellung Feuerlöscher, Bestellung Ausstellerausweise oder die Bestellung von Einladungen für die Kunden. Man muss sich auch Gedanken darüber machen, welche Angebote man überhaupt braucht. Eine Standbewachung ist bei einem 20m²-Stand sicherlich nicht notwendig, bei einem 400m²-Stand mit teuren Exponaten schon.

In einem zweiten Schritt haben wir uns dann zusammengesetzt und überlegt, wie unsere Zielgruppe definiert ist. Nach dieser Definition haben wir dann viele verschiedene Adressen erarbeitet, die alle von uns eingeladen worden sind.

Schritt drei war im Prinzip die Erarbeitung und Produktion geeigneter Werbemittel, was in Zusammenarbeit mit Grafiker*innen passiert ist. Nach Freigabe der Druckdaten sind die Werbemittel dann hergestellt worden.

In Schritt vier ging es um die Endplanung: Hier wurde ein Hotel gebucht, der Standdienstplan wurde erstellt, es wurde geklärt wie wir uns kleiden und ein Zeitplan wurde vorbereitet, in dem alle wichtigen Termine vermerkt wurden.

Der fünfte Schritt war die Anreise zur Messe am Sonntag vor Beginn und die Vorbereitung des Stands. Hier hatten wir noch einige Überraschungen, wie z.B. Brandlöcher im Teppich oder das Fernsehgerät hat gefehlt. Das war eigentlich die spannendste Phase. Als die Messe dann lief und alles funktioniert hat, ist auch die Anspannung langsam abgefallen und man konnte sich voll und ganz dem Messegeschehen widmen.

Schritt sechs ist die Nachbereitung einer Messe. Auf einer Messe geht es nicht darum, die dicken Verträge abzuschließen, sondern vielmehr um die Generierung von Leads (Kontakten). Diese Leads müssen im Nachhinein alle sortiert werden und der Kontakt muss gepflegt werden. Zur besseren Einordnung wird für jedes Gespräch ein Formular ausgefüllt, was die ganze Sache etwas erleichtert hat.

Welche Kompetenzen benötigt man für einen Job im Messemarketing?

Also was mir geholfen hat ist die Tatsache, dass Soziolog*innen im Studium unwahrscheinlich viel schreiben müssen. So habe ich mir in der Zeit eine wirklich stilsichere Schreibweise aneignen können, wovon ich sehr oft profitiere. Man kann natürlich auch einige Theorien anwenden, vor allem Bourdieus Habitus ist auf Messen sehr gut sichtbar und lässt diverse Differenzierungen bezüglich der Besuchergruppen zu.

Selbst aneignen musste ich mir ein gewisses englisches Vokabular, was von Branche zu Branche unterschiedlich ist. Das stellt aber kein Problem dar, wenn man viel damit zu tun hat - außerdem ist Englisch ohnehin die Lingua Franca der Wissenschaft. Und wie die Zusammenarbeit mit den Grafiker*innen und Presseleuten funktioniert musste ich auch erst lernen - auch hier zählt die Devise: Learning by Doing!

Was raten Sie Studierenden, die sich für eine Stelle als Marketeer interessieren? 

Praktika, Praktika, Praktika! Was man als Soziolog*in im Studium lernt, sieht man auf Messen oder versucht man beim Erarbeiten von Werbekonzepten anzuwenden. Das allerwichtigste sind Praktika, um einfach zu sehen, ob einem das Marketing wirklich liegt und ob man da wirklich viel Energie reinstecken möchte. Wie oben schon gesagt erfordert es einiges an Ausdauer, darüber sollte man sich im Klaren sein.

Vielen Dank für das Interview!

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Veröffentlicht am: 11. Mai 2017