Tom Kraftwerk
Kategorie: Organisationen, Kultur & Politik
1-jähriges Praktikum im Stiftungswesen

Tom Kraftwerk

Nach dem B.A. Soziologie an der Uni Bielefeld bewarb ich mich auf ein ausgeschriebenes Praktikum, das auf ein Jahr (Ende 2015 bis Ende 2016) begrenzt war. Das Praktikum war bei einer recht großen Deutschen Stiftung und ich arbeitete in einem Team mit fünf Mitarbeiter*innen an einem Bildungsprojekt.

Die Arbeitszeit ging Dienstags bis Freitags von 9 bis 14 Uhr, bei einer halben Stunde Mittagspause. Die Stelle war mit 750€ vergütet.

Welche Aufgaben fielen an einem typischen Tag an?

Mein Arbeitsalltag sah so aus, dass ich mich zunächst morgens über die anstehenden Aufgaben des Tages informierte. Das heißt: E-Mails und Terminkalender checken, um anschließend im täglichen Meeting mit dem Team die kommenden Aufgaben abzusprechen.

Meine Tätigkeiten umfassten dabei hauptsächlich das Übernehmen von Verwaltungsaufgaben für das Programm. Mit den Stiftungsgeldern finanzierten wir beispielsweise Nachhilfe für ausgewählte Schülerinnen und Schüler und ich pflegte eine Anwesenheitsliste für die Nachhilfegruppen. Deshalb habe ich viel telefoniert. Mit Nachhilfelehrer*innen, aber auch mit Schülerinnen und Schülern, wenn diese mal nicht zur Nachhilfe erschienen und keine Entschuldigung vorgelegt hatten.

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Wo liegen die Höhen und Tiefen des Jobs?

Am spannendsten waren die Besuche bei Workshops, an denen professionelle Trainerinnen und Trainer die Jugendlichen gecoacht haben und die Praktikant*innen in begrenztem Ausmaß mitwirken konnten. Nicht so spannend war es besonders in den Schulferien, weil es nicht sehr viele aktive Aufgaben gab. Besonders in den Sommermonaten habe ich mich hauptsächlich mit Verwaltungsaufgaben befasst: Akten sortieren, EXCEL-Tabellen anlegen, etc. Sehr öde.

Das Beste was ich erleben durfte, war ein Brief an das Team, in dem uns für unsere gute und wichtige Bildungsarbeit in NRW gedankt wurde. Absenderin war Hannelore Kraft. Das war schon ziemlich cool, von der Ministerpräsidentin gelobt zu werden.

Welche Voraussetzungen musstest du für das Praktikum erfüllen?

Neben einem abgeschlossenen Bachelorstudium (ohne Fachbindung) wurde ebenfalls ein Führungszeugnis erwartet.

Im Grunde waren es mein ehrenamtliches Engagement in der Jugendarbeit und meine berufliche außeruniversitäre Erfahrung, mit denen ich mich gegen meine Mitbewerber*innen durchsetzen konnte. So war ich während meines Bachelors auch ein Jahr lang selbstständig in der Weinbranche tätig.

Ich kann definitiv jedem Studierenden in einem geisteswissenschaftlichen Fachgebiet raten, die Studienzeit zu nutzen und nicht auf der faulen Haut zu liegen. Gute Noten und fachliche Spezialisierung sind meiner Erfahrung nach kein Garant für einen (außerwissenschaftlichen) Beruf. Arbeitgeber*innen wollen vor allem wissen, wie belastbar und zuverlässig eine Arbeitskraft ist. Ein Nebenjob oder ein Ehrenamt bieten sich dementsprechend an. Auch, weil man damit bereits praktische Erfahrungen im Arbeitsleben machen kann und diese per Zeugnis nachweisen kann.

Wie verlief dein Studium?

Durch mein Bachelorstudium habe ich mich mehr oder weniger durchgewurschtelt. Ich habe nicht mehr gemacht als verlangt, bis auf die Themenfelder, die mich wirklich interessiert haben. Allen voran Mediensoziologie und sozialwissenschaftliche Kriminologie. Wirklich spezialisiert habe ich mich nicht.

Was ich sehr genossen und genutzt habe, waren die Freiräume, die mir das Studium geboten hat. Neben des recht geringen Workloads waren besonders die freie Themenwahl von Hausarbeiten und die recht vielfältigen Möglichkeiten der Modulbelegung an der Universität Bielefeld großartig.

So konnte ich meiner Neugier freien Lauf lassen und beispielsweise über Meme im Internet schreiben, oder einen angehenden Imam über Salafismus befragen. Die Studienleistungen waren für mich gut zu erbringen, weshalb ich den Studienstandort auf jeden Fall empfehlen kann – sobald man sich nicht von der überall präsenten Systemtheorie abschrecken lässt.

Meinen Abschluss habe ich in der Rechtssoziologie gemacht. In meiner Thesis ging es um Alternativen zum Gefängnis. Wirklich interessant, was die Forschung dazu sagt!

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Hast du dein Studium bewusst auf eine Zukunft im Stiftungswesen ausgerichtet?

Ich hatte keine Ahnung, wo ich mal beruflich landen würde, aber ich hatte immer Spaß in der Jugend- und Bildungsarbeit. Vermutlich wird es auch wieder darauf hinauslaufen. Zwar hätte ich durch das Praktikum sicherlich einen Grundstein für eine bildungspolitische Karriere legen können, doch ich war irgendwie noch nicht bereit dafür.

Ich denke nicht, dass ich in meinem Bachelorstudium irgendetwas anders machen würde, wenn ich es nochmal machen könnte. Vermutlich wäre es für einen Beruf im Stiftungswesen sinniger, Verwaltungswissenschaften zu studieren. Doch die meisten Angestellten dort waren Geisteswissenschaftler*innen.

Was rätst du angehenden Soziologie-Studenten?

Das Soziologiestudium ist ein fantastischer Weg für mich gewesen und ich kann jedem nahelegen, es in Erwägung zu ziehen, wenn man noch nicht genau weiß, was man beruflich machen will. Denn neben dem großzügigen Workload kann man in den Seminaren viele Dinge lernen, die einem einen ganz neuen Blick auf alltägliches Zusammenleben ermöglichen. Eine durchaus gute Offenbarung, auch wenn sie meiner Meinung nach nicht unbedingt berufsqualifizierend ist.

Den derzeitigen Soziologiestudierenden rate ich ganz grundsätzlich dazu, auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Bib und Reallife zu achten.

Vielen Dank für das Interview!

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Veröffentlicht am: 30. März 2017